25.04.2024   16:15
Georgisches Wappen
Georgisches Wappen

Georgien ist ein wunderschönes Land Ein Gespräch mit der georgischen Botschafterin Frau Dr. Maja Pandshikidse in Berlin

Die Botschafterin
Die Botschafterin
„Georgien“, sagt Frau Pandshikidse, „ist ein Land, über das man in Deutschland immer noch zu wenig weiß. Viele sind überrascht, wenn sie erfahren, dass es schon seit dem 3.Jahrhundert christlich ist, eine eigene Sprache und vor allem eine Schrift besitzt, die bis auf das 3. Jahrhundert v. Chr. zurückgeht und mit keiner anderen auf der Welt verwandt ist“. In der Tat, wer weiß schon, dass der Kaukasusstaat so groß wie Bayern, nur 4,6 Millionen Einwohner hat, während in Letzterem deren zwölf leben? Er sich früher Grusinien nannte und heute amtlich Sakartwelos Republika heißt? „Das Bild Georgiens hier ist aber positiv“, lächelt sie verbindlich, „und Ihr Land genießt bei uns viel Ansehen und Sympathie. Es hat uns als erster Staat gleich nach unserer Unabhängigkeit 1992 anerkannt.“ Frau Dr. Maya Pandshikidse ist seit April 2004 georgische Botschafterin in der Bundesrepublik.

Nach dem Germanistikstudium in Tiflis, belegt sie in Jena von 1977 – 79 Literatur- und Kunstwissenschaften und promoviert 1988 im heimischen Tbilissi, wie die Hauptstadt Tiflis auf georgisch heißt. Maya Pandshikidse arbeitet zunächst als Deutschlehrerin und Dozentin für westeuropäische Literatur, heiratet, denkt an eine Familie, aber nie an eine diplomatische Laufbahn. 1994 ist sie glücklich und zufrieden Vorsitzende im georgischen Deutschlehrerverband. „Wenn mir damals jemand erzählt hätte, ich stünde 20 Jahre später als Botschafterin eines souveränen Georgiens in der Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands, ich hätte ihn als Spinner bezeichnet“.

Zu dieser Zeit ist der frühere sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse Staatspräsident. „Er ist in Deutschland gut bekannt“, meint Frau Botschafter, „sein Anteil an der deutschen Einheit ist unvergessen. Jedenfalls haben die mich damals, 1994, 34jährig, als Botschaftssekretärin nach Bonn geschickt“. Mit einer kurzen Unterbrechung als stellvertretende Außenministerin wird sie, „wie das Leben so spielt“, seither bei uns leben.

Die heute 45jährige schaut damit auf eine ebenso unvorhergesehene wie aufregende Karriere zurück. Sie kennt noch beide deutsche Staaten, erlebt 1991 life in Tiflis die Unabhängigkeit ihres Landes von der Sowjetunion, den Putsch gegen den autokratischen Präsident Swiad Gamsachurdia und 2003 in Berlin die Ablösung von dessen Nachfolger, Schewardnadse. Erinnerungen:

„Als am 23. November 2003 die Bilder von der Rosenrevolution in Georgien um die Welt gingen, wussten wir, es bricht eine neue Ära an, die tiefe Auswirkung nicht nur auf unser Land und das Leben jedes Einzelnen haben wird, sondern einen Durchbruch für die gesamte Region bedeutet. Das Wichtigste, was die Menschen während dieses historischen Ereignisses verspürten, war die Hoffnung auf eine unumkehrbare bessere Zukunft. Zwei Jahren danach hat sich Georgien zu einem würdigen Mitglied der internationalen demokratischen Staatengemeinschaft entwickelt.

Unser Präsident, Michael Saakaschwili formulierte die nationalen Ziele Georgiens in der Eröffnungsrede der Münchener Sicherheitskonferenz Anfang Februar 2006 folgendermaßen: ‚Friedliche und vollständige Wiederherstellung der territorialen Integrität Georgiens; Herstellung einer dauerhaften Sicherheit durch Diversifikation der Energie und Schaffung einer modernen nationalen Verteidigungsmacht; breites wirtschaftliches Wachstum und Investition in Bildung, Gesundheit und Verwaltung, Integration in die NATO und in andere europäische Institutionen, einschließlich konstruktiver Beziehungen zu all unseren Nachbarn’“.

Entscheidend für seinen Erfolg und den seines Premiers Noghaideli dürfte vor allem ein Fortschritt bei der Bekämpfung der Armut im Lande sein. Knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Ein weiteres großes Problem Georgiens „sind die zwei sogenannten gefrorenen Konflikte, deren Lösung wir uns nur auf friedlicher Weise vorstellen. 300 Tausend Vertriebene aus Abchasien leben in Georgien und ein Drittel unseres Landes wird in Abchasien und Südossetien durch die separatistischen Regime kontrolliert. Wir streben dort eine friedliche Lösung an und haben deshalb einen von internationalen Organisationen und unseren Partnerländern akzeptierten Friedensplan vorgelegt, der die Wiederherstellung und Stärkung der Autonomie in dieser Region vorsieht und grundlegende, verfassungsmäßige Garantien schafft“.

Botschafterin Pandshikidse erzählt das unaufgeregt, sehr kompetent und ohne missionarischen Unterton in bestem Deutsch. Ergo: Ihre Botschaft hört man wohl und es fehlt einem nicht am Glauben – verzeihen Sie die Variante Herr von Goethe. „Eine meiner wichtigsten Aufgaben ist, Georgien zu repräsentieren, seine Geschichte, Kunst und Kultur publik zu machen, Freunde und Verbündete zu gewinnen und dabei auch Außenpolitik zu betreiben…“ Man merkt ihr die Freude dabei an.

Trotz allem - ihre Freunde und die Familie, vor allem den Mann, der als Biochemiker an der Medizinischen Universität in Tiflis arbeitet vermisst sie. „Tröstlich ist, dass unsere beiden Buben hier bei mir sind und der Große mich bisweilen sogar zu offiziellen Anlässen begleitet. Na ja und Deutschland ist doch wunderschön, die Menschen gastfreundlich, die Kultur einmalig und das Bier und die Thüringer Bratwürste köstlich. Noch einmaliger finde ich die Neigung der Deutschen, Wörter unendlich zusammenzusetzen“. Ob sie dabei an den Donaudampfschifffartsgesellschaftskapitän dachte? Aber das ist kein Grund zur Aufregung für sie – „Unehrlichkeit und Ungerechtigkeit“ dagegen sehr.

Also vielleicht doch mal mit jemand anderem tauschen? „Klar, am 9. Juli 2006, mit Franz Beckenbauer. Dann hätte ich den besten Platz beim Finale der Fußball-WM im Berliner Olympiastation – jetzt habe ich gar keinen. Sonst bin ich ganz zufrieden“. Nein, Vorbilder und große Wünsche hat sie nicht. „Mein Traum von Urlaub wird in jedem Sommer wahr: Ich liege in der Hängematte im Garten meines Sommerhauses in den Bergen des Kaukasus, umringt von meiner Familie, unter der georgischen Sonne und lese Bücher. Z.B. Kochbücher, die mir meine Herren Söhne zum Geburtstag schenken weil sie wissen, dass ich gerne koche und sie fest überzeugt sind, dieses Talent fördern zu müssen. ‚Völlig uneigennützig’ natürlich…“.

Katie Melua im Konzert
Katie Melua im Konzert
Im übrigen kennt sich Maja Pandshikidse auch beim Wein aus. „Bei uns hat der Weinbau eine sehr lange Tradition. Wein heißt georgisch ‚Gwino’. Bei Ausgrabungen fand man Gefäße aus dem 5. Jahrtausend v.Chr., die mit Weinornamenten verziert sind. Inzwischen sind mehr als 500 verschiedene Reben in Georgien kultiviert. Da passt es doch, dass ich auch Opern- und Klassikfan bin. Außerdem kann ich fast alle Beatles-Songs auswendig. Richtig unter die Haut geht mir aber der georgische polyphonische Gesang aus heidnischer Zeit, mit seiner hoch entwickelten, kunstvollen Mehrstimmigkeit. Jede Stimme in einem georgischen Volkslied, und oft sind es vier, ist vollkommen selbständig. Dadurch entstehen wunderbare Kontraste und ein spannungsvoller, aber harmonischer Zusammenklang. Igor Strawinski sagte über den georgischen Chorgesang: „Diese lebendige Interpretationstradition, die sich weit in die Geschichte zurückverfolgen lässt, ist eine wunderbare Entdeckung, die uns mehr bietet, als alle modernen Musikleistungen.“
Mein kurzfristiger Geschmack ändert sich von Zeit zu Zeit. Im Moment liegt bei mir im Auto eine CD von Katie Melua auf, einer gebürtigen Georgierin, die ich sehr mag.

Georgische Fahne im Wind
Georgische Fahne im Wind
Zu Schluss noch ein schöne Geschichte: Der Legende nach verpassten die Georgier den Zeitpunkt, als Gott die Erde unter den Völkern aufteilte, weil sie gerade beim Weintrinken waren. Als sie leicht angetrunken und singend ihn nach einem Stück Land fragten, ließ sich der Herrgott durch ihre Fröhlichkeit erweichen und schenkte den Georgiern schließlich das Land, das er eigentlich für sich behalten wollte – also das Schönste, das es gab – Georgien“.

 

  

 

 
... gerade besucht sie mit Freunden (hier Frau Karin Wirthmann) das Il Punto in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes.
... gerade besucht sie mit Freunden - hier Frau Karin Wirthmann - das Il Punto in unmittelbarer Nähe des Reichstagsgebäudes.

 

 
... die excellenten Speisen und Getränke serviert ihr auch schon mal der Chef (Guiseppe Perna) persönlich.
... die excellenten Speisen und Getränke serviert ihr auch schon mal der Chef (Guiseppe Perna) persönlich.
 
... und am Abend dann mit Freunden in die
... und am Abend dann mit Freunden in die "Columbiahalle" (hier beim Konzert der Georgianerin KATIE MELUA.

Das Rezept der Frau Botschafter

Georgiens Küche galt und gilt als die Haute Cuisine der Sowjetunion bzw. GUS. Und so wird auch heute beim Essen nicht „gepickt“ sondern geschmaust – ohne Kalorienstress und Colesterinphobie. Vor-, Haupt- und Nachspeise - alles wird stets sehr, sehr reichlich serviert und, obwohl es in Tiflis durchaus Fastfood- Restaurants gibt, haben deren Foodereien, zum Glück, kaum Eingang in die georgische Küche gefunden. Das Khatschap’uri ist übrigens eine Vorspeise…

Khatschap’uri – Georgischer Käsekuchen

Khatschap’puri ist das Nationalgericht überhaupt, am ehesten mit einem Käsekuchen vergleichbar. Man nehme für sechs Kuchen-Stücke:

½ l Jogurt, 1 kg Weizenmehl, 50g Butter, 100 ml Milch/Wasser, 4 Eier, 1 kg Frischkäse (z.B. Feta, Mozzarella, Schichtkäse, Ricotta, Hüttenkäse, Manouri usw., jeweils mit 55% Fettanteil), ½ Tl Backpulver, Salz

Teig:
2 Eier in einer Schüssel verquirlen und das gesamte Jogurt darunter mischen. Milch/Wasser und ca. 800-900g Mehl dazugeben und kneten, bis der Teig nicht mehr klebt. Nun das Backpulver reinstreuen, salzen und wieder gut kneten. Den Teig aus der Schüssel nehmen und mit aller Kraft dreimal aufschlagen und in den Kühlschrank stellen.

Fülle:
Den Frischkäse gut ausdrücken oder in Baumwolltuch Molke austropfen lassen und in eine Schüssel geben und mit zwei Eiern gut durchmischen.

Zubereitung:
Unterlage (Holzbrett) mit Mehl bestreuen, damit der Teig nicht anklebt. Eine Teigkugel ca. apfelgroß flach auf das Brett drücken, bis zu einem Durchmesser von ungefähr 15 cm. 3 EL Fülle in die Mitte geben, den Teig an den Rändern fassen und um die Fülle legen, gut zudrücken und auf etwa 1 cm abflachen. Die gefüllten Teigtaschen in Butter auf beiden Seiten mit mittlerer Hitze braten, bis sie goldgelb sind – heiß servieren.
Merke: In Schwaben gibt es etwas Ähnliches: Maultaschen, in Italien Tortellini und in Russland - Pellmini. Ach ja, die schönste Verwandtschaft ist die im Kochen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Dazu:
Wenn sie keinen georgischen Rotwein finden, nehmen sie einen kräftigen französischen oder einen aus Chile. Bier passt übrigens genau so hervorragend – mit einem Tschatscha, einem Tresterbrand– sto gramm.

Peter Slama

© Alle Fotos wurden von Klaus Dombrowsky aufgenommen.
Tel.: 030 / 44 34 18 66

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